Italienische Identitätssuche in der Nations League
Die Leidenschaft des italienischen Fußballs wird durch die Augen von Luciano Spalletti greifbar, wenn er über die legendären Duelle zwischen Italien und Deutschland spricht. Von dem Jahrhundertspiel 1970 in Mexiko über das Endspiel 1982 in Madrid bis hin zum Halbfinale 2006 in Dortmund – Spalletti schwelgt in Erinnerungen an diese epischen Begegnungen. Als Trainer der Azzurri erinnert er sich an den bejubelten Moment, als Alessandro Del Piero im Westfalenstadion nach einem 2:0-Sieg in der Verlängerung jubelnd abdrehte. „Wunderschöne Partien“ waren das, schwärmt Spalletti und erinnert sich an die Momente des gemeinsamen Feierns und des stolzen Tragens der Fahne.
Die Azzurri stehen erneut vor der Herausforderung, ihren Platz unter den Topnationen zurückzuerobern. Fast neun Monate nach ihrem Ausscheiden im Achtelfinale der EM müssen sie beweisen, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Vor den Duellen im Viertelfinale der Nations League gegen die deutsche Nationalmannschaft betont Spalletti, dass sein Team Fortschritte macht. Die „Gazzetta dello Sport“ fragt sich, ob das wahre Italien wieder auferstanden ist und Deutschland wird die Antwort liefern.
Italien will zum dritten Mal in Folge ins Final Four der Nations League einziehen und wird im Hinspiel am Donnerstag in Mailand gegen Deutschland antreten, um den Grundstein zu legen. Drei Tage später wird die Entscheidung im Rückspiel in Dortmund fallen, dem Ort, an dem 2006 die Tore von Fabio Grosso und Del Piero die WM-Gastgeber erschütterten und Spalletti verzauberten.
Italien hat derzeit keine Fußballlegenden wie Del Piero, Cannavaro, Totti, Pirlo, Gattuso, Toni oder Inzaghi in seinen Reihen. Dennoch sorgt Gianluigi Buffon, einst Super-Torwart und heute Sportchef, für goldenen Glanz. Buffon ist überzeugt von seinem Team und betont, dass Italien ein wettbewerbsfähiges Team mit einem klugen und charismatischen Trainer sowie Spielern hat, die in jeder Nationalmannschaft spielen könnten.
Nach dem Schock des Ausscheidens gegen die Schweiz bei der Euro 2024 hat der viermalige Weltmeister Italien sich erholt. In der Nations League überzeugte das Team mit erfrischendem und mutigem Fußball, besonders bei Auswärtssiegen in Frankreich, Belgien und Israel. Spieler wie Nicolò Barella, Alessandro Bastoni und Federico Dimarco von Inter Mailand, Sandro Tonali von Newcastle sowie Gianluigi Donnarumma von PSG bilden das Rückgrat des Teams.
Spalletti hatte bei der EM das Team noch mit seinen Ideen überfordert, entschuldigte sich jedoch und versprach, sie künftig besser mitzunehmen. Die Suche nach der Identität des Teams ist sein Ziel für den Erfolg in der Nations League und der WM-Qualifikation. Das Ticket für die WM 2026 in Amerika ist die große Mission des „Commissario Tecnico“ nach zwei verpassten Weltturnieren.
Die Deutschland-Spiele sind von besonderer Bedeutung, da der Sieger in der WM-Qualifikation in eine Vierergruppe kommt und somit erst im Herbst startet. Spalletti wünscht sich einen offenen, freien und totalen Fußball von seinem Team, da für ihn der Job des Nationaltrainers mehr als nur ein Beruf ist. Er betrachtet sich als Botschafter des italienischen Fußballs und träumt davon, die Squadra Azzurra 2026 in Mexiko, Kanada und den USA zu sehen. „Dort sind so viele Landsleute von uns, die unsere Fahne schwenken, so wie das Foto eines Sohnes in der Brieftasche, den sie lange nicht gesehen haben, weil sie fern von daheim arbeiten“, beschreibt Spalletti den emotionalen Antrieb für den Erfolg seines Teams.