Jürgen Klopp verlässt Liverpool für RB Leipzig: Analyse und Reaktionen
Jürgen Klopp kehrt in neuer Aufgabe zurück. Nicht als Trainer, sondern in anderer Funktion. Bei Red Bull. Für Fußballromantiker ein Schock. Wechselt er damit die Seiten? Warum sein Schritt aus rationaler Sicht (leider) logisch ist. Ein Kommentar.
Es ist ein trauriger Tag für Fußballromantiker. Jürgen Klopp schließt sich Red Bull an und wird Fußball-Chef beim Brausekonzern. Als „Global Head of Soccer“, so die neudeutsche Arbeitsbezeichnung, soll er in Zukunft das Konglomerat unter der Haube des geflügelten Bullen leiten. Dazu zählen die Vereine Leipzig, Salzburg (Österreich), Leeds (England), New York (USA), Bragantino (Brasilien) und Omiya Ardija (Japan).
Für die Traditionalisten unter den Fußballfans ist das ein krasser Verrat an allem, wofür Klopp während seiner gesamten Karriere stand. FSV Mainz 05, Borussia Dortmund und FC Liverpool, das waren seine Stationen. Große Fanszenen, raue Arbeiterstädte, Leidenschaft pur, untermalt von der Hymne aller Hymnen „You’ll Never Walk Alone“. Klopp war das breitgrinsende Gesicht der Fußballromantik.
RB steht für nichts von alledem, RB ist der Inbegriff des modernen Fußballgeschäfts. Business statt Passion, Brause statt Bier. Das Unternehmen – und in Deutschland der 2009 gegründete Verein RB Leipzig – wurden zum Feindbild der Romantiker, und vor allem des BVB.
Dass Klopp nun die Seiten zu wechseln scheint, tut gerade den Schwarzgelben Anhängern in Dortmund, wo Klopp vor wenigen Wochen beim Abschiedsspiel von Lukasz Piszczek und Jakub Blaszczykowski noch frenetisch von der Südtribüne gefeiert wurde, enorm weh.
Wenn man alle Emotionen beiseiteschiebt, was im Sport nahezu unmöglich ist, ist Klopps Schritt aus rationaler Perspektive (leider) aber nachvollziehbar.
Klopp: Kein Trainerjob macht Sinn
Nachdem er im Sommer sein Amt nach neun Jahren in Liverpool niedergelegt hatte, stand stets die Frage über allem: Was nun? Es gibt keinen Verein in Europa, der das emotionale Niveau des BVB und der Reds hätte erreichen können. Genau das ist Klopp in seiner Trainertätigkeit aber wichtig.
Die Bundesliga und Premier League schloss er selbst aus. Wie könne er schließlich im Westfalenstadion oder an der Anfield Road auf der anderen Seite stehen? Spanien und Italien hatten ihn allein wegen der Sprachbarriere nie gereizt. PSG? Comme si.
Das Ende im Vereinsfußball war eingeläutet. Einzig die Nationalmannschaft ergibt in Klopps Trainer-Lebenslauf noch Sinn. Dort leistet Julian Nagelsmann aber derzeit hervorragende Arbeit, der DFB wäre dementsprechend erst nach der WM 2026 eine Option. Die DFB-Spitze flirtet bereits ausgiebig mit Klopp, sollte Nagelsmann dann keine Lust mehr auf Verbandstätigkeit haben. Laut „Sky“ soll sich Klopp in seinem RB-Vertrag eine DFB-Ausstiegsklausel gesichert haben.
Der Opportunist Jürgen Klopp
Zwei Jahre nichts tun? Das ist nicht Klopp. Das Engagement bei Red Bull ergibt – nochmal: aus rationaler Sicht – Sinn. Die Aufgabe ist spannend und in dieser Form einzigartig im Fußball. Klopp kann sein Netzwerk vergrößern, junge Talente fördern, um die Welt jetten. „Nach fast 25 Jahren an der Seitenlinie könnte ich nicht aufgeregter sein, mich an einem Projekt wie diesem zu beteiligen“, wird Klopp in einem Statement zitiert. Sowieso galt Klopp trotz aller Fußballromantik nie als großer Kritiker des Projekts RB.
In finanziellen Fragen ist Klopp ein Opportunist. Das erzählte er selbst im Podcast „Hotel Matze“. Zu Mainzer Zeiten, als er noch nicht in der gesamten Fußballwelt bekannt war, ließ er sich gerne von großen Konzernen und Banken für kleinere Vorträge einladen und fürstlich bezahlen. Schnell und einfach verdientes Geld.
Durch seine Beliebtheit angelte er sich im Laufe der Zeit haufenweise Werbedeals. Eine Halbzeitpause ohne das Gesicht von „Kloppo“ zu sehen? Im deutschen Fernsehen unmöglich. Auch hier sagte Klopp offen, er mache das für die nächsten Generationen, fürs einfache Geld und weil es schnell geht. Ein Drehtag, Scheck.
So sollte auch die Tätigkeit bei Red Bull gesehen werden. Klopps Aufgabe ist einfach und reizvoll, der Scheck enthält sicherlich einige Nullen und in zwei Jahren kann er immer noch den Wunsch vieler erfüllen und (endlich) Bundestrainer werden. Einige Fußballromantiker hat er auf diesem Weg verloren. Seine Werte verraten hat er aber nicht.