Schlusspfiff im Augsburg. Kevin Trapp hat den Spielball fest in den Händen. Der Frankfurter Torhüter lässt ihn auch erst mal nicht los. Wie eine Trophäe hält er den Ball. Dann kommt Torwarttrainer Jan Zimmermann zu ihm für ein kurzes Gespräch. Kurz darauf folgt Abwehrchef Robin Koch, der Trapp umarmt. Schon Sekunden nach Spielende befindet sich ein Kamerateam auf dem Platz direkt neben Frankfurts Torhüter.

Der 34-jährige Trapp steht im Blickpunkt, am Ostersonntag ist er nach mehrwöchiger Verletzungspause zurück im Rampenlicht. Schließlich kommt er als letzter Eintracht-Profi begleitet vom Medienchef in den großen Kabinenvorraum, der auch als Mixed-Zone dient. Das torlose Unentschieden war kein spektakuläres Bundesligaergebnis, aber für Trapp war es doch ein besonderer Arbeitstag mit seinem erst am Spieltag feststehenden Comeback auf der großen Bühne.

Die mitgereisten Frankfurter Anhänger, ein paar tausend, feierten den Torhüter und verabschiedeten ihn mit Kevin Trapp-Sprechchören. Balsam für die Seele des Führungsspielers. Der ehemalige Nationaltorwart gibt noch ein Fernsehinterview, bevor er in der Kabine verschwindet. Schichtende für den vielbeachteten Rückkehrer.

Trapp plötzlich gefragt

Doch mit einer Spielsituation, die für Kauã Santos‘ Gesundheit verhängnisvoll war, änderten sich die Vorzeichen im Eintracht-Tor wieder: Jetzt war Trapp auf einmal gefragt, und zwar mit höchster Dringlichkeitsstufe. „Kevin war schmerzfrei“, durch die Verletzung von Kauã Santos „musste er früher rein“, so drückte es Sportvorstand Markus Krösche in Augsburg aus. Und Trapp hielt bis auf eine Unsicherheit bei einem Augsburger Flankenball fehlerfrei.

Toppmöller: „Kevin hat die Null gehalten“

In der 88. Minute bewahrte er bei einer spektakulären, reflexartigen Parade – der ehemalige Darmstädter Phillip Tietz hatte geschossen – Frankfurt vor einer späten Niederlage. Plötzlich war Trapp wieder in aller Munde. Die diversen Lobpreisungen hörten sich so an: Krösche bezeichnete die Aktion als „riesige Rettungstat“, Trainer Dino Toppmöller sprach derweil von einem „sensationellen Save gegen Tietz. Kevin hat die Null gehalten“, freute sich der Fußballlehrer.

Wenn Trapp Genugtuung verspürt hat, ließ er sich das in Augsburg nicht anmerken. Ein Teil der Medien hatte ihn in den vergangenen Wochen im Hinblick auf seine Vormachtstellung im Tor auf erstaunlich offensive Weise schon abgeschrieben. Vom Auslaufmodell im übertragenen Sinne war auf nicht gerade feine Art die Rede. Trapp jedoch verhielt sich wie ein Elder Statesman und reifer, gestandener Profi, der als Kapitän das große Ganze sowie den Betriebsfrieden im Blick hat.

Mit seinen wohlüberlegten Aussagen zeigte er Größe und hielt die Reihen in der wichtigen Saisonphase geschlossen. Auch in Augsburg sagte er: „Ich habe eine große Verantwortung, bin Kapitän. Ich freue mich natürlich, wieder zwischen den Pfosten zu stehen. Aber jeder Einzelne muss sich jetzt in den Dienst der Mannschaft stellen. Wir können etwas Großes erreichen, da muss jeder alles für den Erfolg geben.“

Die Champions League zum Greifen nahe

Vier Spieltage vor Rundenende hat die drittplatzierte Eintracht vier Punkte Vorsprung vor dem Fünften Freiburg. Über die Bundesliga ist die Champions League für die Hessen zum Greifen nah. Am kommenden Samstag (18.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei Sky) kommt der Mitbewerber und Vierte Leipzig ins Waldstadion. „Heimspiel. Topspiel. Wir werden alles daransetzen, um einen Riesenschritt in Richtung Top 4 zu machen“, kündigte Offensivspieler Ansgar Knauff an.

Beim FCA hatte er in der zweiten Halbzeit den Siegtreffer auf dem Fuß, bevor ihm Augsburgs Cédric Zesiger im letzten Moment noch in die Parade fuhr. „Wir müssen uns vorwerfen, es nicht zugemacht zu haben“, sagte Knauff und bezog sich auf Frankfurts viele ausgelassenen Torchancen. In der ersten Spielhälfte hingegen brachte die in diesem Abschnitt sehr schwache Eintracht, die ihren verletzten Strategen Mario Götze vermisste, nicht einen Torschuss zustande. „Das darf uns nicht mehr passieren“, sagte U21-Nationalspieler Nathaniel Brown, der anmerkte, dass die Eintracht nach der Lethargie zu Spielbeginn in Halbzeit zwei dann „gefühlt explodiert“ sei.

Trapp über Kauã Santos: „Er hat diese Verletzung gut weggesteckt“

Bei bester Gesundheit – seine Schienbeinverletzung scheint überwunden zu sein – wird Kevin Trapp auch gegen Leipzig das Tor hüten. Nach persönlich schwerer Zeit hat er allen Grund zur Zuversicht auch in eigener Sache. „Kevin hat ein super Spiel gemacht“, sagte Knauff. „Er war sofort wieder da. Es ist sehr wichtig, dass er wieder fit ist.“ Aus Sicht von Brown haben die Frankfurter „zwei unglaubliche Torhüter“ in ihren Reihen. Nur werden noch ein paar Monate vergehen, bis sich Kauã Santos wieder einsatzbereit im Duell der Torhüter zurückmelden kann.

Fußball sei „sehr schnelllebig“, sagte Trapp im Fernsehen. „In erster Linie tut es mir leid für Kauã. Es ist unglaublich tragisch für ihn und nicht einfach – auch, weil er wirklich gut gehalten hat. Er hat diese Verletzung aber gut weggesteckt.“ Trapp berichtete davon, dass er „lange“ mit Kauã Santos gesprochen habe. Anders, als es zwischenzeitlich nicht unbedingt vorherzusehen war, wird Trapp in den kommenden Monaten wohl wieder gesetzt sein.

„Ich durfte heute wieder da stehen, wo ich es auch liebe, zu stehen“, sagte Trapp. „Jeder Profifußballer hat diesen Ehrgeiz, auch auf dem Platz zu stehen.“ Trapp in ganz besonderem Maße. Den Konkurrenzkampf mit Kauã Santos hätte er nicht ohne Gegenwehr verloren gegeben – mit Leistung auf dem Trainingsplatz.