Der Prozess gegen Luis Rubiales: Die Wahrheit hinter dem Kuss-Skandal

Die Verhandlung gegen den ehemaligen Vorsitzenden des spanischen Fußballverbands, Luis Rubiales, ist in vollem Gange. Der Prozess dreht sich um einen Vorfall, der die Fußballwelt erschütterte: Ein Kuss, den Rubiales der Profifußballspielerin Jennifer Hermoso bei der Siegesfeier zum WM-Titel in Sydney gegeben haben soll, möglicherweise ohne ihr Einverständnis. Jennifer Hermoso, 34 Jahre alt, trat vor Gericht in Madrid auf, gekleidet in eine schwarze Jacke und einen schwarzen Pullover, mit streng nach hinten gekämmten dunklen Haaren, um ihre Worte ungeteilt wirken zu lassen.

Ein Kuss ohne Einverständnis

Vor den Augen des Gerichts schilderte Hermoso, wie Rubiales sie nach der Siegesfeier umarmte und dann den Kuss gab, so fest, dass sie keine Möglichkeit hatte, zu reagieren. „Mein Chef küsst mich“, dachte sie in diesem Moment, als sie fast nach hinten fiel. Die zentrale Frage des Prozesses ist nicht, ob Hermoso den Kuss abgelehnt hat, sondern ob sie ihm zugestimmt hat. Die spanische Gesetzgebung besagt seit 2023, dass Zustimmung eindeutig sein muss – Ja heißt Ja.

Die Debatte um Zustimmung

Die Verteidigung betonte, dass Rubiales vor dem Kuss gefragt habe: „Ein Küsschen?“ Hermoso gab an, nichts davon gehört zu haben und keine Anzeichen in Rubiales‘ Gesicht gesehen zu haben. Videos tauchten schnell auf, die Hermoso fröhlich in der Kabine nach der Siegesfeier zeigten. Ihre Mitspielerinnen feixten über den Kuss, den sie erhielt, während Hermoso lachend versicherte, dass es ihr nicht gefallen habe. Dieses Verhalten nach einem mutmaßlichen Übergriff wird oft genutzt, um die Glaubwürdigkeit von Opfern zu untergraben. Die Gerichte in Spanien haben jedoch klargestellt, dass das Verhalten eines Opfers nach einer Tat keine Schlüsse auf den Tathergang zulässt.

Druck und Zeugenbeeinflussung

Der Prozess zieht auch den damaligen Nationaltrainer Jorge Vilda und zwei weitere Verbandsmitarbeiter in den Strudel. Sie werden beschuldigt, Hermoso nach der Siegesfeier unter Druck gesetzt zu haben. Dieser Vorwurf der Zeugenbeeinflussung wiegt schwerer als die eigentliche Tat. Die Anklage fordert eine einjährige Haftstrafe für Rubiales wegen des Kusses und anderthalb Jahre Gefängnis wegen des Drucks, den er und die anderen Beschuldigten auf Hermoso ausgeübt haben sollen. Zudem soll Hermoso eine Entschädigung von 100.000 Euro erhalten.

Der Kampf um die Wahrheit

Hermoso berichtete vor Gericht detailliert von den Versuchen des Verbands, sie zu einer Erklärung zu drängen, die sie nicht unterschreiben wollte. Trotz Druck, Kontaktierungen ihrer Familie und Freunde sowie anonymen Todesdrohungen blieb sie standhaft. Der ehemalige Sportdirektor des Verbands schrieb sogar einer ihrer Freundinnen, dass er hoffe, Hermoso würde für ihr Verhalten büßen. Die Beweise gegen Rubiales und die anderen Beschuldigten sind erdrückend: Die Kussszene wurde live im Fernsehen übertragen, und der Druck auf Hermoso ist durch zahlreiche Nachrichten dokumentiert.

Der Ausgang des Prozesses bleibt ungewiss, aber die Wahrheit über den Kuss-Skandal wird ans Licht kommen. Luis Rubiales wird erst am Ende der Verhandlung aussagen. Die Fußballwelt hält den Atem an, während die Gerichtssäle in Madrid die Bühne für einen Kampf um Gerechtigkeit und Wahrheit bilden.