Vincent Keymers: Die aufstrebende Schachlegende von Weissenhaus
Der Hamburger Unternehmer Jan Henric Buettner ist zweifellos ein Mann, der für Schlagzeilen sorgt. Neben seinem geschäftlichen Geschick zeichnet er sich durch seine schlagfertige Art aus. In einem Porträt im renommierten Magazin „Focus“ wurde er als der „unterhaltsamste Millionär der Republik“ bezeichnet, ein Titel, der seine exzentrische und zugleich charmante Persönlichkeit widerspiegelt. Als Sohn eines Chefredakteurs beim Axel-Springer-Verlag ist Buettner mit den Feinheiten der modernen Medienwelt vertraut und weiß, wie man die Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Nach dem Halbfinale des Freestyle-Schach-Events in Weissenhaus an der Ostsee konnte Buettner nicht widerstehen, einen kühnen Vergleich zu ziehen: „Das ist der Boris-Becker-Moment von Vincent Keymer!“ Ein gewagter Vergleich, der sicherlich etwas übertrieben ist. Schließlich ist Schach nicht Tennis, Weissenhaus kein Wimbledon und wir leben nicht mehr in den 1980er-Jahren.
Ein Wendepunkt für Keymer
Dennoch liegt in Buettner’s Aussage eine gewisse Wahrheit verborgen. Vincent Keymer, Deutschlands vielversprechendstes Schachtalent seit vielen Generationen, steht mit gerade einmal 20 Jahren noch am Anfang seiner Karriere. Im Gegensatz zu seinen Altersgenossen in der Schachweltspitze, wie dem 18-jährigen indischen Wunderkind Gukesh, der seit Dezember der jüngste Weltmeister aller Zeiten ist, hat sich Keymer erst nach seinem Abitur im Jahr 2022 voll und ganz dem Profischach verschrieben.
Keymer’s steile Lernkurve und sein Erfolg gegen Größen wie Carlsen zeigen, dass er auf dem richtigen Weg ist. Das üppige Preisgeld von 140.000 Dollar (rund 134.000 Euro) vor dem Finale gibt ihm eine finanzielle Sicherheit, die er zuvor nicht hatte. Sollte er weiter aufsteigen und eines Tages um die Weltmeisterschaft kämpfen, könnte dies die Wahrnehmung des Schachsports in Deutschland nachhaltig verändern.
Die Möglichkeit eines Schach-Hypes
Ein plötzlicher Boom wie bei Boris Becker ist zwar unwahrscheinlich, aber ein gewisser Hype um Keymer ist nicht ausgeschlossen. Die Netflix-Serie „Damengambit“ hat bereits gezeigt, wie Schach während der Corona-Pandemie weltweit an Beliebtheit gewonnen hat. Schachbretter waren ausverkauft, die Downloadzahlen für Schach-Apps stiegen rapide an. Ob Keymer’s Erfolge im Freestyle-Schach, das Buettner zu einer „Milliardenfirma“ machen will, ausreichen werden, bleibt abzuwarten.
In Weissenhaus soll Buettner nach Keymer’s Sieg über Carlsen sogar die Redaktion der „Bild“-Zeitung kontaktiert haben. Doch auf den Sportseiten des Boulevardblatts dominierten weiterhin Fußball und andere Sportarten. Es wird noch einige Zeit dauern, bis Schach die gleiche Aufmerksamkeit erhält wie andere populäre Sportarten. Vincent Keymer jedoch hat das Potenzial, die Schachwelt zu verändern und eine neue Ära für das Spiel einzuläuten.